Scharf, schärfer, am schärfsten- Klettern in Thakek/Laos
Silke | 28. Mai 2012 | 08:36Für 10 Tage Klettern haben wir uns von Phnom Penh aus über Bangkok auf nach Thakek in Laos gemacht.
TukTuk, Flieger, Shuttle, Übernachtung, Shuttle, Flieger, Minibus, Bus, TukTuk – alles in allem haben wir gute sechsunddreißig Stunden bis zum Ziel gebraucht . Die flughafennahe Übernachtung bescherte uns noch dekorative Höhepunkte, wovon die Handtuchelefanten wohl noch eher als die regenbogenfarbigen Keramikdamen den europäischen Geschmacksnerv treffen.
Zwölf Kilometer außerhalb von Thakek haben Tanja und Uli ihr “Climbers Home” in Zusammenarbeit mit “Green Discovery Laos” hochgezogen (Green Climbers Home), seit Ende 2011 kann man dort unterkommen und klettern. Es gibt einfache 2er Bungalows mit Fan und Bad, einen großen Dorm-Bungalow, sowie das Küchenhaus mit dem Futter- und Chillbereich.
Schön ist, dass die Abrechnung unkompliziert gehandhabt wird, jeder bekommt ein Heft, wo er selbstverantwortlich seinen Getränkekonsum einträgt. Auch die ökologische, plastiksparende Wassernachfüllgallone zum kleinen Preis hat uns gefallen. Gestört hat uns dagegen, dass die gesamte Commonarea (wie so oft in SOA) mal wieder ein Raucherbereich war und auch hemmungslos gequalmt wurde, egal ob jemand daneben aß oder nicht. Auch die Essensportionen waren für die aufgerufenen Preise (zu denen es hier draußen natürlich keine Alternative gab) auch meist ziemlich übersichtlich. Die Wand liegt sozusagen einen Steinwurf entfernt neben den Hütten, ideal für alle, die einen kurzen Zustieg zu schätzen wissen. Wir waren zum absoluten Saisonende dort und kamen in die ersten heftigen Regenzeitschauer hinein. Nach einigen Tagen war das Gelände um die Hütten ein Sumpf aus roten Matschlöchern und Pfützen, die rasch anwuchsen.
In der Folge war unser Aufenthalt eine Mischung aus “Regen aussitzen”, dem Fels beim Abtrocknen zusehen (was allerdings bei den Temperaturen sehr schnell geht), klettern, unsere Sachen im Hut vorm durch die hohe Feuchtigkeit verursachten Schimmel retten (die Bambusstangen rotteten fröhlich grün-weiß-gelb vor sich hin, Klamotten wollten fast gar nicht trocknen und die Seile waren immer etwas feucht), die hütteneigene Menagerie im Zaum zu halten (Kröten, Kakerlaken, Ratten, Riesenameisen, Schnaken, Geckos, Fledermäuse, Glühwürmchen, Mücken und eine Menge nicht näher bestimmter Krabbeltiere (die Mückennetze sind deshalb nicht gerade die sinnfreiste Investition. Allerdings schienen die Ratten eher auf die verteilten Köder zu stehen und sie zu horten, statt sie zu fressen und sich von ihnen umbringen zu lassen.
Das Aufgebot an Kleinsttierchen resultiert natürlich auch daraus, dass das Green Climbers Home ziemlich idyllisch im Dschungel liegt. Eingerahmt von grün bewachsenen Felsen und umgeben von ziemlich vielen Schling, Kletter-, Klett- und sonstigen Pflanzen. Deshalb tut man auch gut daran, einen großzügigen Vorrat an Moskitospray und Coils mitzubringen, ansonsten hat der Sicherer am Boden, vor allem direkt vor einem Schauer, wenn die Viecher besonders aggressiv und blutrünstig sind, eine sehr unruhige Zeit. Ansonsten wird aber vor allem dem Auge viel geboten. Der Fels ist optisch spektakulär: unglaublich fragile Sinterstrukturen formen die Wandoberfläche, lebende Stalagmiten und Stalaktiten bilden verschlungene Säulen, nach einem Regen tropft und rinnt es an allen möglichen Stellen,Höhlen bilden dunkle Löcher mitten in der Wand. In den zum Teil weit überhängenden Dächern haben Wespen ihre Kugelnester aufgehängt (denen man möglichst nicht zu nahe kommen sollte) und einige Wände bieten grandiose Kletterei zwischen fragilen wunderschönen Steinstrukturen, z.T. in beachtlicher Länge mit Ausblick auf die Hütten. Allerdings war die Platzierung der Absicherungen unserer Meinung nach nicht immer optimal gelöst. Vor allem die Bandschlingen in Sanduhren der Sinter wollten aus sicherheitstechnischer Sicht nicht so richtig überzeugen. So waren einige Linien zwar richtig schick, nach dem Begehen fragten wir uns jedoch, ob man diese Route nicht lieber vakant gelassen hätte- ich jedenfalls würde ungern unter einem der Stalagtiten stehen, wenn er vom Kletterer runtergetreten wird. Gut ist, dass man hier nicht viel braucht, und man mit leichtem Gepäck reisen kann: ein 60m Seil reicht für das meiste aus, dazu ein paar Bandschlingen zum Hakenverlängern und 15 Exen. Fertig. Sehr nützlich ist aber auch, nicht unbedingt als erstes nach langer Kletterpause herzukommen, wenn die Fingerhaut noch dünn ist. Das Gebiet ist noch relativ jung und auch wenn einige der beliebten leichten Routen bereits beginnen, abgeschrubbt zu werden, so ist der Fels an den meisten Stellen nadelspitz und scharfkantig. Also vorher in Tonsai Hornhaut züchten und dann nach Thakek fahren….
In unseren zehn Tagen war es relativ ruhig am Fels. Wir “adoptierten” Hiro, einen alleinreisenden Japaner, der gerade mit Klettern angefangen hatte, jedoch ein unglaubliches Bewegungsgefühl besaß und ziemliche Unerschrockenheit an den Tag legte. So fehlte ihm zwar etwas Technik, aber als wir fuhren, versuchte er sich schon einige Male im unteren sechsten Franzosengrad. Beeindruckend. Ansonsten waren noch ein paar gutgelaunte und kommunikative Singapurer vor Ort, ein paar Deutsche sowie ein Schweizer Pärchen, wobei er so nebenbei mal eine 9a gerissen hat. Die schönsten Routen für uns fanden wir im hinteren Teil der Wand, wo einige richtig schicke Sechser an etwas runderen Griffen locken (Sektor Honeymoon ), aber auch die langen Touren im Sektor “Climbers Home” , direkt hinter dem Dormhut, waren ziemlich schick. Für den Anfang boten sich die Touren im “Elephant” und an der “Schnecke” an, wo man auch am Einstieg gut stehen kann.
Einen Tag unternahmen wir mit einem Leihscooter einen Ausflug nach Thakek ins Dorf, um Mails zu checken und Obst zu kaufen. Ansonsten kann man zwischen dem Klettern hier einfach die Füße hochlegen und sich durch das Angebot abgegriffener Kletterzeitschriften lesen.
Die Abreise bot dann leider noch eine unangenehme Überraschung: in der Zeit, in der wir unsere Wanderstiefel nicht trugen, hatten sich Ameisen gemütliche Nester in den Schuhen gebaut und, besonders ärgerlich, eine Ratte muss meinen Stiefelschaft mit einem Buffet verwechselt haben und hat sich quer durch das Leder gefressen. Zum Glück hatten wir zu diesem Zeitpunkt die größten Treks (die ja für NZ und SA geplant waren) bereits hinter uns und so flickten wir die Löcher mit Klettertape und hoffen auf einen guten Schuster, wenn wir zurück in Deutschland sind.