Der Berg ruft–Dayhike zum Mueller Hut im Mt. Cook National Park
Silke | 24. Februar 2012 | 21:10Wir haben nicht mehr dran geglaubt, aber es gibt doch tatsächlich auch Sonne in Neuseeland. Und was sind wir froh um unser gutes Timing, diesen Sonnentag ausgerechnet am Mt. Cook Village zu erwischen als wir den Aufstieg zum Mueller Hut auf dem Plan hatten. Die Nacht war klirrend kalt und sternenklar, so dass wir nachts noch einen Schlafsack über unsere normale Bettdecke werfen mussten. Morgens ist es noch immer knackig und so ist es eine echte Herausforderung aus den warmen Federn zu kriechen. Die Sonne wirft aber schon die ersten Strahlen über die Berge und der Gletscher liegt auffordernd weißglänzend im Morgenlicht
Insofern braucht es nicht mehr soviel Überredungskunst (nur die richtige Motivation, was in Stephans Fall eine anständige “Morgenbrotung” ist), um sich auf den Weg zu machen.
Bummelige 1200 Höhenmeter Aufstieg auf nur 5 km Strecke erwarten den Wanderer bei diesem Tagestrip, es geht also respektabel steil rauf. Durch die intensive Sonne wird es in kürzester Zeit ziemlich warm, weshalb die Rucksäcke schnell mit den ganzen Extralayern an Klammotten behängt sind, die man so in den Bergen dabei hat (Gore-Jacke, Thermozeug und Fleece). Der Weg ist erstaunlich gut ausgebaut, was daran liegt, das der Welcome-Flat zu den beliebtesten und damit höchstfrequentiertesten Trecks Neuseelands gehört. Dieser Grad an Ausgebautheit hat für mich schon nicht mehr viel mit Wildniswanderung oder Bergsteigen zu tun, es macht die Gegend jedoch für Leute begehbar, die sonst wahrscheinlich nicht hier rauf klettern (bleibt trotzdem die Frage:muss das sein? Die Antwort hat wie so oft zwei Seiten). Richtige befestigte Holzstufen sind bis zur Hälfte der Strecke in den Hang gezimmert, gerade laufen die Ausbauarbeiten auf Hochtouren und überall liegt Werkzeug herum und findet sich eingeflogenes Material am Hang.
Der Blick entschädigt für das “Massenerlebnis”, wobei wir noch Glück haben. Die meisten Leute kommen erst hoch, als wir gegen Mittag schon wieder auf dem Weg nach unten sind. Die Ausblicke sind großartig. Der Mount Cook (Aoraki auf Maori), Neuseelands höchster Berg (und derjenige mit einer beeindruckenden Unfallgeschichte) liegt mit seinem Doppelgipfel fast die komplette Zeit unserer Wanderung wolkenlos dort. Im Vordergrund wälzen sich der Tasman und der Mueller-Gletscher zu Tal und von Zeit zu Zeit hört man ein dumpfes Krachen, wenn sich an den steilen oberen Hängen wieder eine Lawine löst- begünstigt durch die großen Tag-Nacht-Temperatur-Unterschiede. Die Kulisse könnte also kaum schöner sein und ist so extrem, wie ich es mir eigentlich schon die ganze Zeit einmal gewünscht habe. Schneebedeckte Gipfel sind einfach einzigartig.
Circa zwanzig Minuten vor erreichen des Muellerhuts kann man auf einer Blockhalde einen gigantischen Panoramablick genießen und so machen wir dort unsere Pause und snacken eine Kleinigkeit. Nach passieren der “sealy tarns” , kleinen Teichen, auf halber Strecke wird der Weg auch ein echter Bergpfad, mit einer Geröllhalde, die gar nicht so einfach zu begehen ist, da viel loses Material an einem Abhang liegt, der einen landslide darstellt.
Dann taucht um die Ecke schließlich der Mueller Hut auf, umgeben noch von einigen Schneebatzen und ziemlich viel Geröll. Der Hut ist übrigens schon der fünfte an dieser Stelle und wurde vor einigen Jahren noch von Sir Edmund Hillary persönlich eingeweiht.
Der Abstieg ist dann nur noch Formsache, wobei die weiten Stufen sich abwärts weitaus besser begehen lassen, als aufwärts. Stephan entdeckt sogar noch, dass er sie seitwärts wesentlich knieschonender herabklettern kann als aufwärts. Irgendwann kommt von der Parkplatz im Tal in Sicht, wo wir unseren “Beigen Klecks” sogar zwischen all den Riesencampern ausmachen können.
Gegen halb vier sind wir wieder zurück am Camp. Ich bin nach der kurzen Nacht und der Wanderung ziemlich müde, Stephan ist jedoch schlechter dran. Er kann kaum noch stehen, so sehr schmerzt sein Knie. Nach einer kurzen Pause ist bei ihm jedoch wieder ausreichend Energie vorhanden um mitten im Nirgendwo einen Rhabarberkompott aus mitgebrachten Stangen auf dem Gaskocher zu kochen. Und auch bei mir reicht es nach einem lecker Kaffee wieder für etwas Blödsinn. So endet der Tag mit Reis und Käsespinatsoße und einer weiteren Nacht auf dem Whitehorse Hill Campsite, eingeschlossen zwischen den Bergen der Mount Cook Range und beobachtet von den weißen Gletschern rundherum.