“Limitierter Sonnenuntergang” oder “Mit dem MTB im Valle de la Luna”
Silke | 17. Oktober 2011 | 11:33Etwas schwerfällig schnaufen wir auf unseren Leih-MTBs entlang der Hauptstraße aus San Petro de Atacama heraus. Es ist 17.00 Uhr, immer noch flirrt die Luft von der Hitze und der trockene Wüstenwind, der uns das Gefühl gibt, gegen eine Wand anzutreten, trocknet den Hals in Sekundenschnelle aus. Rechts und links breitet sich das ausgedörrte Altiplano wie ein flacher Teppich aus, scharf begrenzt von zerklüfteten Felsen, die unmittelbar steil ansteigen und rasiermesserscharfe Strukturen haben (das teste ich natürlich noch etwas unfreiwillig, als mein Vorderrad sich bei einem kleinen Downhill in einer Sandwehe festfrisst und ich einen Abflug mache… immerhin haben wir diesmal die First-Aid-Box dabei, so dass mein Rücken von einem Pflaster und meine Wade von einigen Schrammen samt öligem Zahnkranzabdruck geziert wird). Es ist unglaublich, wie trocken es hier ist. Kein Strauch, kein Busch- nichts bietet dem Auge Abwechslung, mal abgesehen von den bizarren Felsformationen. Da treibt uns das “caution-slippery, when wet”- Schild schon fast die Lachtränen in die Augen angesichts der scheinbaren Fehlplatzierung dieses Hinweises. Wobei sich die Gegend in der kurzen Regenzeit wahrscheinlich blitzschnell in einen Schlammmolloch verwandeln kann, weil der ausgetrocknete Boden nicht in der Lage ist, größere Wassermengen aufzunehmen.
Wir können nicht wiederstehen, uns etwas abseits in einem Bereich etwas auszutoben, der sich für die Mountainbikes als große Spielwiese anbietet. Danach bauen wir uns, mal wieder etwas angefixt (ich glaub´, in mir steckt schon ´ne kleine Pistensau), in Gedanken schon mal das Bike mit den notwendigen Komponenten zusammen, was wir gerne nach der Weltreise hätten (schließlich hab ich als nächstes Projekt einen Alpencross auf dem Zettel- zu Stephans Begeisterung natürlich).
Nachdem einige Kilometer hinter uns liegen, wir sind mittlerweile von der Hauptverbindungsstraße San Pedro-Calama abgebogen und folgen der Trasse ins Valle de la Luna (Mondtal), verändert sich die Landschaft langsam. Anstelle der steinigen, tief erodierten Hügel, bauen sich auf einmal braun-beige Sanddünen rechts und links der Straße auf. Immer mal wieder durchdrungen von Felsspitzen, bilden sie Formen, die tatsächlich an eine mondähnliche Landschaftsoberfläche erinnern und rechts nah an das Klischeebild von einer Sandwüste herankommen. Mittlerweile steht die Sonne schon tief und wir werfen lange Schatten. Nachdem wir noch ein kleines Nebental erkundet haben, wo dann jedoch kein Fortkommen mit den Rädern mehr möglich war, genießen wir einen knackigen, kurzen Downhill zurück zur Aussichtsdüne, der mir die Tränen in die Augenwinkel treibt. Dort schließen wir die Räder fest. Fast genau zur gleichen Zeit kommen diverse Touristenbusse an der selben Stelle an- das Sonnenuntergangsspektakel über dem Valle de la Luna von der Aussichtsdüne her zu beobachten ist eine beliebte Touristenexkursion, die in San Pedro in jeder der unzähligen Agencies verkauft wird.
Wir reihen uns in die Ameisenkarawane ein und wandern die linke Düne hoch. Von oben eröffnet sich ein wunderschöner Panoramablick über das gesamte Tal und die untergehende Sonne zaubert ein faszinierendes Farbspiel über die ausgebreiteten Landschaftsformen. Nachdem das Tal zunächst goldgelb aufglühte, taucht die Sonne schnell ab und langsam verfärbt sich der Wolkendunst in der Ferne zu einem sanften lila-rosa-rot, welcher den Vulkan Lincanbur und die danebenliegende Bergkette noch eine ganze Weile anstrahlt.
Wir haben gerade unser mitgebrachtes Brathähnchen samt Ketchuptüte und Brot ausgepackt, als ein junger Kerl zu uns raufgeschlendert kommt und nur lapidar meint: “Teminada” (Fertig. Zu Ende!). Wir glauben, unseren Ohren nicht zu trauen und fragen nach. Ja, doch, wir haben richtig gehört. Nach Meinung des` Rangers´ ist der Sonnenuntergang (der Himmel beginnt gerade erst sein bestes Farbspiel aufzufahren! Zumindest nach unserem Verständnis. Außerdem wollten wir in Ruhe unser Hähnchen essen…) jetzt fertig und die Touristen werden die Düne herabgeshepherdet. Nun ja, dass die Gruppentouris keine Wahl haben ist klar, aber hey, wir sind alleine da und der kann doch nicht einfach beschließen, das der Sonnenuntergang jetzt `fertig´ist. Tut er aber, und so bleibt uns leider nichts anderes übrig, als etwas maulig die Düne herunterzuschlendern und uns wieder auf die Drahtesel zu schwingen. Im Schein der Kopflampen, deren Ausleuchtradius bei der schlagloch- und spurrillenzerfressenen Straße gerne noch etwas größer hätte sein können, jagen wir bergabwärts (immer hoffend, das sich kein Rad verkantet). Bei Tageslicht wäre diese Bergabstrecke ein Knaller gewesen. So sind wir nach nur 45´ wieder zurück in San Pedro, geben die Bikes ab und gönnen uns eine Flasche kalte Cola, um den Staub herunterzuspülen. Die dreckstarrenden Sandalen nehmen wir dann gleich kurzerhand mit in die Dusche- nötig haben sie es allemal!
Das hätte mich auch echt genervt, einfach verscheucht zu werden!
Was für ein toller Ausflug, da konnte sich Silke mal so richtig austoben. Von den Fotos bin ich echt beeindruckt, so ein Farbspiel beim Sonnenuntergang ist etwas ganz Besonderes. Dazu ein Picknick, es wär spektakulär gewesen. Aber so konntet ihr noch schön den Berg hinunter sausen, solche Abenteuer liebt ihr ja auch.
Liebe Grüße aus Wolfenbüttel von Heidi