Riesensegler und kleine Schwimmer
Silke | 20. Februar 2012 | 15:59An der Südostküste bei Dunedin klebt die Otago Halbinsel wie ein leicht gekrümmter Wurmfortsatz am Festland. Ganz am äußersten Ende, nach ca. 30km gewundener Küstenstraße erreicht man dann Aoteroa Heads – wo die Küste als steiler, zerklüfteter Felsen abfällt, der Wind ungnädig um die Landspitze fährt und die Wellen mit voller Wucht gegen die Steinwände prallt und in salziger Gischt zerstäubt. Hier findet man die einzige Festlandskolonie des Königsalbatrosses, der die harschen Bedingungen zu schätzen weiß, da er die starken Aufwinde zum Segeln benötigt. Am Parkplatz angekommen schweben schon einige der riesigen Vögel mit ihren zu einem Gesamtmaß von über drei Metern aufgespannten Schwingen über unsere Köpfe hinweg. Unzählige eifersüchtig keckernde Möwen nehmen sofort unser Bullidach als Sonnendeck in Beschlag und Zwergkormorane, die hier ebenfalls an den steilen Felswänden brüten, fliegen von einem Jagtflug kommend vorbei.
Wir buchen für mich (Stephan kommt mangels anderer Besucher später netterweise noch for free mit rein) eine geführte Tour zur Kolonie. Leider sieht man nur durch eine Art Glaspavillion auf die Tiere herunter und statt dicht an dicht, sieht man von der Beobachtungsstelle nur einen Vogel wirklich gut. Ansonsten ist, wohl wegen zu wenig Wind, nicht viel los an der Kolonie. Immerhin erhebt sich der hudernde Altvogel einmal von seinem Nest und gibt die Sicht auf das Jungtier frei. Die Größendimension des riesigen, massiven Vogels wird so ohne direkten Vergleich jedoch nicht so wirklich deutlich. Die Rangerin erklärt, dass die Vögel nach dem flügge werden ihre gesamten ersten fünf bis sechs Lebensjahre auf hoher See verbringen, ohne ein einziges Mal anzulanden. Ansonsten ist über das maritime Leben der Tiere jedoch recht wenig bekannt. Die Albatrosse machen vor allem Jagd auf Tintenfische, die während der Nacht an die Wasseroberfläche kommen und fluoreszieren. Schon ganz lustig: Futterbar mit Leuchtreklame sozusagen.
Nach dem etwas sehr zurückhaltenden Erlebnis an der Albatrosskolonie versprechen wir uns etwas mehr Aktion von den “little blue penguins”, die ein paar Kilometer weiter ihre Brutkolonie an einem kleinen, geschützten Strandbereich haben. Dort nutzen sie hauptsächlich alte Karnickelhöhlen, um ihre Jungen aufzuziehen. Sobald die Jungvögel alt genug sind, gehen die Alttiere tagsüber auf Jagd und tauchen auf offener See nach Nahrung. Erst zur Dämmerung (was zu gegenwärtiger Jahreszeit halb zehn heißt), kehren die Pinguine im Schutz der Dunkelheit an Land zurück. Davon sehen wir nur bedingt was. An diesem Abend haben sich ungewöhnlich viele (ca. 60) Leute an der kleinen Bay versammelt, um auf die Rückkehr der heimlichen Jäger zu warten. Um die Tiere nicht zu verschrecken und den freien Zugang zu den Bruthöhlen zu gewährleisten, müssen alle anwesenden sich in Grüppchen auf die Wiese setzen. Dazwischen bleiben Passierwege frei und die sitzenden Menschen erscheinen den kleinen Pinguinen nicht so riesig, dass sie zu ängstlich wären, an ihnen vorbei zu laufen. Eine lange Weile passiert jedoch erstmal nichts. Der Strand liegt verlassen da und alle Leute starren auf die Wellen. Ein einzelner mauserner Vogel sitzt verlassen in seiner Höhle neben der Zustiegstreppe und lugt neugierig-misstrauissch heraus. Dann legt sich Dunkelheit über die Bucht. Gegen zehn erreichen die ersten Pinguine den Strand, kommen auf den Kies gewatschelt und verharren dort einige Minuten. Dann sehen wir eigentlich nichts mehr. Nur die Geräuschkulisse ist Zeuge dafür, dass im Dunkeln unsichtbar doch etwas passiert. Kleine, schwarze Schatten huschen geduckt und rasch von einem inneren Kompass geleitet zum Eingang ihrer Höhle, wo die hungrigen Küken warten. Sobald ein Altvogel den Höhleneingang erreicht, geht dann ein Gezeter los, was irgendwo zwischen gerade ertrinkender Katze, schreiendem Säugling und Tamagotchi liegt.
Nach einer Stunde verlassen wir den Ort des Geschehens. Das ganze war somit weniger Kino als vielmehr Hörspiel. Was auch mal ganz lustig ist. Was auf die Ohren für euch gibt´s sogar auch in der Videoabteilung.