Torres del Paine: 6 Tage Sonne & Windstille! Noch Fragen?
Silke | 30. November 2011 | 12:44Nach der üblichen Nahrungsmitteleinkauforgie, dem eintägigen Material-Verleih-Agentur-Gepilgere und der ausgedehnten abendlichen Packzeremonie waren wir endlich bereit für sechs Tage Trekking in Südpatagonien. Auf der Agenda stand das “W” im Parque Nacional “Torres del Paine” samt dem ein oder anderen kleinen Abstecher. Ausgerüstet für jedes Wetter, schließlich soll man in Patagonien an einem Tag sprichwörtlich alle vier Jahreszeiten erleben können, werfen wir unsere Rucksäcke in den Gepäckraum des Transferbusses, der pünktlich mit 30 min. südamerikanischer Verspätung vorm Hostel hält.
Tag 1: Anfahrt, Camp Glaciar Grey
Beim Frühstück entdeckte ich noch eine Wolfenbüttelpostkarte in der ca. 200 Stück starken Kollektion unserer Vermieterin Teresa und erlaubte mir einen Augenblick heimatlicher Sentimentalität. Dann hupte jedoch der Bus vor der Tür und es ging los. Zunächst ging es am leicht gekräuselten See vorbei, an welchem Puerto Natales liegt und in dessen Uferbereich ich im vorbeifahren einige Schwarzhalsschwäne und Magellangänse erspähe. Ein Uferspaziergang nach der Rückkehr wird also auf die innere Liste gesetzt. An einer Feria Artesanía wird ein so ewiger wie überflüssiger Stopp gemacht, während welchem es den zwei Busladungen voll Touristen natürlich prompt gelingt, die Damentoilette heillos zu verstopfen, da sie immer noch nicht begriffen haben, dass das Papier (zu Stephans Leidwesen) in Südamerika in aller Regel nicht ins Becken geworfen wird. Als nun wirklich auch der letzte aus dem Bus war (einige blieben eine Weile sitzen, schließlich hieß es zunächst nur 5-min.-Pause), ging es dann weiter in den Park. Also alle wieder rein. Da der Busfahrer scheinbar seinen Praxistext in Bedienelementekoordinierung nur mit “ungenügend” abgeschlossen hatte, jedoch trotzdem fahren durfte, ging es in einer rollenden Sauna in kuscheligen zwei Stunden zum Park. Trotz ausführlicher Proteste war dem Fahrer nicht zu vermitteln, dass er bitte die Heizung abstellen und die Belüftung anstellen sollte. Er war jedoch der Überzeugung, die Hitze käme vom Motor, und die Lüftung kann man nicht anmachen, wenn die Heizung aus ist. Außerdem sei kein Wasser drin. AHH jaaa. Setzen. Sechs.
Kurz vor der Ankunft an der Laguna Amarga, wo wir zum Schnäppchenpreis von 15.000 Pesos (30USD) je ein Nationalparkticket bei der Administration der CONAF lösen durften, gab es immerhin noch ein kurzes ornithologisches Highlight zu sehen (leider widerum nur im Vorbeifahren). In der Thermik über dem See kreisten einige Kondore und auf den Wiesen davor wanderten zwischen grasenden Guanakos (eine Art patagonisches Minikamel) mehrere Nandus herum. Leider waren wir zu schnell vorbei, als dass es noch für ein Foto gereicht hätte.
Wir warteten an der Administration noch, bis die meisten der Wanderer hinweggeherdet waren und fuhren noch bis zum zweiten Stopp am Lago Pehoé weiter, um dort den Katamaran zu nehmen, der uns nach Paine Grande übersetzten sollte. Wir wollten nämlich das “W” von West nach Ost laufen, also entgegen der Richtung, in welcher die meisten Leute laufen. Nach einer klitzekleinen Re-packing-Session (schließlich braucht es Zeit, bis alle Strippen geordnet sind, man sich entschieden hat, wie viel man jetzt anzieht und welche Hosentasche man sich mit Maní und Pasas vollstopft..) ging es dann endlich los und wir schlugen den Weg hinauf zum Campamento Glaciar Grey ein.
Der Trail führte zunächst durch ein Tal, welches wie ein Windkanal fungierte und uns die Windbreaker-Kaputzen eng um den Kopf schnüren lies. Das war allerdings das einzige Mal für die kommenden sechs Tage, was wir da noch nicht wussten und es als milden Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte, interpretierten. Den Wegrand säumten Lenga-Südbuchen, die unzählige winzig kleine Blättchen hatten in Abwechslung mit den knallrot blühenden Feuerbüschen, die scheinbar für den attraktiven Farbkleks im Weiß und Grün der Landschaft zuständig waren. Nach ca. zwei Stunden kam der Gletscher das erste Mal in Sicht, welcher sich über die gigantische Fläche von 270 qm ausbreitet und das südliche Ende des patagonischen Inlandeises darstellt. Obwohl er sich seit einigen Jahren immer weiter zurückzieht, umschließt er immer noch von beiden Seiten die mittig liegende Insel und kalbt von Zeit zu Zeit. Leider hielt die gute Laune nur bedingt an, da Stephans Knie sich bald zu Wort meldete und das Gehen auf dem losen Geröll noch schwieriger machten. Nicht, dass der Weg zu anspruchsvoll gewesen wäre, aber Knieprobleme, 18kg-Rucksack und auf- und absteigender Rubblepath sind nicht die beste Kombi.
Also “genossen” wir den ersten Gehtag etwas länger als geplant und zogen nach etwas mehr als 60 Minuten der veranschlagten Gehzeit im Camp Glaciar Grey ein (wo wir auch blieben, anstatt noch zu Los Guardas aufzusteigen). Der Zeltplatz hatte eine schicke Lage direkt am Gletscherfluß, so dass man beim abendlichen Tütensuppen-mit-Reis-Kocherlebnis vorbeitreibenden Mini-Eisbergen nachschauen konnte, die vom Gletscher abgebrochen waren. Neben zahlreichen kalifornischen Mitwanderen, mit welchen wir an den beiden Campabenden noch eine unterhaltsame Zeit verbrachten, kam auch ein sehr merkwürdig aussehender Käfer auf unserem Tisch vorbeigekrabbelt. Während wir noch mit den anderen die beste Wanderstrategie diskutierten und Routentips austauschten, wurde vom Baum nebenan schon unser Abendessen ins Visier genommen. Ein Cara Cara, eine lokale Greifvogelart, die wenig scheu zu sein schien, hatte sich dort niedergelassen und verfolgte aufmerksam unsere Kochbemühungen. Da Tommy und Emily, eines der kalifornischen Pärchen, sich bereits am Ende des “W” befanden, gab es noch einen Abschlußdrink zur Feier des Tages: Whiskey on the rocks- mit echtem Gletschereis!
Tag 2: Mirador Grey und Los Guardas
Nachdem wir von einer spätankommenden Gruppe chilenischer Wanderer sanft in den Schlaf gelärmt wurden, erlaubten wir uns heute morgen auszuschlafen. Bei zarter Handyklingelton-Untermalung (einer der Vollpfosten hatte sein Smartphone mit Weckwiederholung geflissentlich in der Tasche seines Fleecepullis gelassen, welcher im Wind auf der Leine am Kochplatz schwang) kochten wir uns dann unser Porridge . Mit leichtem Gepäck stiefelten wir dann los, um uns etwas Antarktis-Feeling am Mirador abzuholen und noch zum oberen Camp Los Guardas zu laufen, welches schon zum Circuito gehörte. Na ja, eigentlich stiefelte nur ich, Stephan humpelte mehr. Da sein Knie zwar heute nicht mit Gepäck belastet wurde, ging es zwar geradeaus ganz gut, aber die Strecke, hatte halt kaum `geradeaus´. Also wartete ich an jeder größeren Bergaufstufe, um ihn hochzuziehen und an jeder Bergabstufe, um ihn hinunterzustützen, damit das Knie nicht so belastet wurde. Mit Verlauf des Tages, wurden die Bedenken größer, wie der Rest des Weges sich wohl unter diesen Umständen gestalten lassen würde. Zum Glück hatten wir für Stephan immerhin Wanderstöcke gemietet- ohne diese wäre es nicht gegangen. Der Vorteil des langsameren Gehtempos war ausreichend Zeit, um Flora und Fauna am Wegrand zu bewundern. Da gab es neben Versammlungen schneeglöckchenartiger Blumen, flechtenüberzogenen Totholzes, lila Veilchenteppichen und rotbeerigen Torfmyrten auch pfirsichmäßig aussehende Kugelpilze, die überall im Geäst der Lenga-Buchen wuchsen. Inwiefern, oder ob überhaupt, diese dem Baum schaden, weiß ich leider nicht. Eine skurille Begegnung hatten wir außerdem noch beim ´unterqueren´ eines gefallenen Baumstammes. Beim Hochschauen registrierte ich eine sehr punkig gefärbte pinkig-blaue Raupe, die gemächlich über die Rinde krabbelte.
Und dann kamen wir beim Mirador an. Richtig schick. Mini-Antarktis. Oder so ähnlich. Auf jeden Fall hatte man einen genialen Ausblick auf die Ausläufer der Gletscherzunge und man konnte in eine Bucht hinabsteigen, in welchen abgekalbte Gletscherstücke anlandeten. Fehlten eigentlich nur die Pinguine. Ach ja, hatte ich schon erwähnt, dass wir entgegen aller Voraussagen bestes Wetter und prallen Sonnenschein hatten? So durchdrangen die Sonnenstrahlen die abgeplatzten Eisbrocken und ließ sie in tiefem türkisblau schimmern. Dabei gluckste und knarrten die Eismassen in der Sonne und hin und wieder purzelten Stücke in die milchige Wassermasse der Bucht. Eine wirklich malerische Szenerie, die wir eine ganze Weile lang genossen.
Nachdem wir uns von dem Anblick fortgerissen hatten, ging es weiter, bis zu einem Canyon oberhalb von Los Guardas, wo sich ein Fluß und ziemlich viel Geröll den Weg nach unten ins Tal bahnte. Da ich gerne nach unten zum Gletscher gelang wäre, ging ich vor und erkundete den Weg. Leider schien man nicht mehr weiter nach unten zu kommen, so dass wir uns mit dem Ausblick begnügten und sich Stephan das Gekraxel auf den wackeligen Leiterelementen ersparen konnte. Ich für meinen Teil war auch ganz froh, dass ich die professionelle Aufhängung erst gesehen habe, als ich oben angekommen war.
Auf dem Rückweg fanden wir dann auch noch den zweiten Mirador, welcher relativ senkrecht oberhalb der Abbruchkante des Gletschers liegt. Ich musste natürlich etwas hin und herkraxeln, da ich gerne nach unten wollte, um direkt vor der Kante zu stehen. Leider musste ich nach einer Weile, vor einer 20m-Abbruchkante im Fels doch einsehen, dass es keine gute Idee wäre, dort ohne Seilsicherung herabzukraxeln (auch wenn es bestimmt nicht mehr als ne 3-4 gewesen wäre, aber ich bin ja sooo vernünftig!). Also musste doch der Telezoom die Neugier befriedigen. Nach einer Weile sahen wir sogar noch ein Stück Gletscher live abbrechen, was lustigerweise einen Höllenlärm veranstaltet, auch wenn die Stücke eher klein sind.
Während der abendlichen Futterkochsession im Camp erbten wir von zwei Leuten noch eine Tüte Sojaschnetzel, auf der zur allgemeinen Belustigung `carne vegetal´ aufgedruckt stand sowie von Dan und Kate eine Knoblauchknolle, die in den kommenden Tagen unser Pulversuppenmenü geschmacklich beträchtlich aufwertete.
Tag 3: Rückkehr zum Lago Pehoé und Wanderung zum Campamento Italiano
Wie meistens stehen wir zur gleichen Zeit auf, wie alle anderen und verlassen, wie auch meistens, als letztes das Camp. Der geneigte Leser könnte jetzt denken, wir sind langsam und uneffektiv. Nein, wir warten nur auf die Highlights, die sich erst mit etwas Verspätung einstellen! An diesem Morgen bestanden die Highlights aus einer großen Tüte Luxus-Nuß-Mischung (Paranüsse, Cashew, Macadamia und Walnüsse), die ein eiliger Mitwanderer auf seinem Platz liegengelassen hatte und von Stephan gefunden und als willkommene Nahrungsergänzung eingestuft wurde. Des weiteren vernahm ich beim Zelt einrollen ein deutliches Klopfen in der Nähe im Wald und war sofort alamiert, da ich wußte, dass es in dieser Gegend Magellan-Spechte geben sollte. So einfach ist es nicht, einen dieser großen schwarzen Spechte mit der leuchtend roten Kopfhaube vor die Linse zu bekommen. So pirschten wir uns voran und hatten tatsächlich Glück. Es dauerte eine ganze Weile, bis uns das Männchen bemerkte und zu einem anderen Baum weiterflog, so daß einige Schnappschüße gelangen. Die Bilder, die wir später Philippe (dem Birdwatcher, den wir im Huerquehue-Park kennenlernten) zeigten, lösten kurzfristige, tetanusartige Ausschläge in der Sinuskurve seiner Herzfrequenz aus. Auf dem weiteren Weg konnten wir dann noch einen Feueraugentyrann beobachten, der sorgfältig seine gefangene Raupe im Kies hin und her schrubbte, bevor er sie hinunterschlang. Wir vermuteten mal, dass er sich etwaiger störender Stacheln entledigen wollte, die eventuell im Hals "`gekratzt´ hätten.
Dann ging es weiter über Geröll, klare Bergflüsse, die den Fels hinunterflossen und praktischerweise wohlfrequentierten Trinkwassernachschub bildeten (allerdings auch eiskalt waren) und durch Lenga-Schonungen bis wir wieder am Paine Grande waren. Dort hatte ich dann ein kleines Motivations- und Konditionsloch, aus welchem ich mir mit dem Erwerb eines halben Kilos echter Brötchen und einer Dose Luxus-Thunfisch fürs Abendessen wieder heraushalf. Stephan votete auch zum weitergehen bis zum Camp Italiano, damit wir morgen nicht nochmal das Zelt würden aufbauen und unser ganzes Geraffel zu packen hätten. Nach weiteren zwei Stunden Fußmarsch kamen wir im windgeschützten Wald am Camp an und nach den freundlichen “recomendaciones”, die uns der Ranger mitteilte, durften wir unser Zelt aufstellen. Nach einigem Gesuche, war ein halbwegs ebenes Plätzchen gefunden, und als guter Deutscher machte sich Stephan mit Feuereifer an die sorgfältige Vorbereitung des Campgrounds. Nach der gründlichen Fegung des Untergrundes und der Beseitigung störender Kleinteile wurde das Zelt sorgfältig abgespannt und mit Steinen abgesichert sowie in der Apsis eine Art Stöcker-Bett als Rucksackablage geschaffen, die die Packs vor einlaufendem potentiellen Regen schützen sollte.
Daß es auch anders geht, sahen wir bei unseren Zeltnachbarn !
Tag 4: Lawinen gucken im Valle Francés
Wiederum nur mit kleinem Gepäck belastet, konnten wir uns dann am vierten Tag an den Aufstieg ins Valle Francés machen. Schon vom Camp aus hört man beständiges Grollen und Grummeln, welches leicht mit einem aufziehenden Gewitter zu verwechseln ist. Tatsächlich hatten wir, trotz mal wieder komplett anders lautender Vorhersage, schönsten Sonnenschein und das Donnern rührt von den zahlreichen Lawinen her, welche in regelmässigen Abständen von den Hängen der angrenzenden Bergkette abgehen. Auf einem Platz mit freier Aussicht sammeln sich daher die Wanderer, bevor sie sich auf den Aufstieg zum Mirador machen, um Zeuge des ein oder anderen Lawinenabgangs zu werden, die man interessanterweise erst hört, wenn sie schon fast vorbei sind und die Schneemassen weiter unten am Bergfuß auftreffen.
Ansonsten ist das Valle Francés für unser Empfinden zwar ganz schick gewesen, jedoch bei weitem nicht so spektakulär, wie erwartet. Das mag jedoch auch daran liegen, dass die Aussichten, die wir in Huaraz auf die Cordillera Blanca hatten, einfach schwer zu toppen sind. So blieb Stephan zur Knieschonung und geruhsamen Trailfood-Vernichtung im Schatten zurück, während ich noch eine Stunde weiter bis zum Mirador ging. Das beeindruckendste sind hierbei die Ausblicke auf die `Los Cuernos´ gewesen, ein gezacktes, steil aufragendes Bergmassiv, welches durch seine schwarze Felskappe auffällt. Diese schwarze Kappe ist das versteinerte Bodensediment des vor langer Zeit hier befindlichen Urmeeres gewesen, welches durch einen gigantischen Vulkanausbruch, bei welchem das Bergmassiv aus dem Boden gehoben wurde, an die Spitze eben jener Berge befördert wurde. Eine skurille Geschichte, die uns Dan, der von Beruf Geologe ist, so erklärte.
Vor der Rückkehr öffnete sich dann noch ein Ausblick auf die sich in der Ebene ausbreitenden Lagunen und Seen, bevor wir (schön langsam) wieder den Berg herunterrumpelten, wo lecker Tütensuppe (heute mit Sojaschnetzeln) im Zelt auf uns wartete.
Tag 5: Weg an den Cuernos vorbei zum Campamento Los Torres
Wir schafften es zur Abwechslung tatsächlich mal, um acht Uhr mit gepackten Rucksäcken abmarschbereit zu sein. Natürlich hatten wir wieder lares Sonnenwetter, aller Voraussagen zum Trotz. Im Hintergrund grummelte es beständig vom Berg herüber und wir bekamen noch eine stattliche Lawine zu sehen, die lautstark den Berg herunterfloß.
Nach zwei Stunden, die zum Glück recht leicht zu gehen waren, weshalb wir trotz Stephans Handicap ein vernünftiges Tempo gehen konnten, kamen wir im Camp Los Cuernos an. Neben dem Campingplatz hat man dort ein schickes, wie kostspieliges Refugio aus dem Boden gestampft. Dies spiegelte sich auch in den Preisen des dortigen Minimarkets wieder. Als die nette Shopdame für ein kleines Kastenweißbrot sportliche 10 USD ausrief, verzichteten wir dankend. Also marschierten wir so weiter und begnügten uns mit unseren lecker Vollkorncrackern. Sind ja auch viel knuspriger. Der Weg wand sich einige Km am Ufer des Lago Nordenskjöld entlang, was lustigerweise sehr norwegisch klingt und war insgesamt recht gut zu gehen. Weniger lustig war, was Stephan auf halber Strecke feststellt: die Sohle an der Fersenkappe meines Hanwag Bergstiefels beginnt sich langsam, aber stetig mehr werdend, zu lösen. Das ist ja wohl der GAU. Gerade mal fünf Monate auf der Uhr und dann das. Mitten in Patagonien. Mit noch sieben Monaten Weltreise vor uns und meinen Problemen, überhaupt ´nen passenden Stiefel zu finden. Dazu kommt, dass Hanwag eine kleine deutsche Firma ist, die nicht außerhalb Europas vertreibt. Also werden wir nach der Rückkehr wohl mal testen müssen, was der bayrische Customer Service so drauf hat und wie gut die Kundenbetreuung so ist. Hier bleibt erst mal nur hoffen, dass die Sohle noch eine Weile hält.
An der Kreuzung, an welcher man sich entscheiden muss, ob man zum Campamento Chileno aufsteigt oder zum unten liegenden Campamento Los Torres weitergeht, entscheiden wir uns nach einigem hin und her mit Rücksicht auf Stephans Knie für die Flachlandvariante. Nach ca. 20 km Wegstrecke und 6,5 Stunden Gehzeit, kommen wir schließlich am Camp an. Der Trail, welcher leider schon 5 km vor Wegende den Blick auf das noch weit entfernt liegende Camp freigibt (Folter), ist links und rechts von einem grünen kugelig-püschelig wachsenden Geträuch gesäumt, welches beim Anfassen dann erstaunlich hart und stachelig ist. Ich vermeide also, nach meinen Erfahrungen in Punta Winchus, mich zum Fotografieren abzuhocken . Am Zeltplatz ist dann bei mir irgendwie der Akku alle und Stephan muss fast alleine für Zeltaufbau und anschließendes Kochen sorgen. Meine Lebensgeister regen sich erst nach kaffeehaltigen Wiederbelebungsmaßnahmen wieder.
Tag 6: Sprint zum Mirador de los Torres und Rückkehr nach Puerto Natales
Am nächsten Morgen ist für Stephan klar, dass er sich den Streß erspart mit seinem gebeutelten Knie noch fast 800 hm auf- und vor allem wieder abzusteigen. Also packe ich meinen Rucksack alleine (ich bekomme sogar die Tüte wertvollen Beef Jerkey-der letzte heilige Vorrat von zu Hause) und mache mich auf den Weg. Es ist schon viertel vor neun, also kein Frühstart mehr. Es sind bereits einige Gruppen an Tagestouristen unterwegs und da ich ja sonst keine Unterhaltung habe, mache ich einen kleinen Wettkampf gegen mich selbst und die angegebenen Gehzeiten und beginne das Teilnehmerfeld Stück für Stück aufzurollen. Die angegrauten Tagestouristen sind bald verschwunden und von oben kommen mir Backpacker entgegen, die am obersten Zeltplatz übernachteten und zum Sunrise an der Base de los Torres waren. Nach zwei Stunden komme ich beim obersten Zeltplatz an. Fehlt nur noch der letzte Teil zum Mirador. Angenehmerweise ging es bis hier weitgehend durch Lenga-Wald, denn es ist ganz schön heiß. Das letzte Stück allerdings wird anstrengend. Der Weg wird sehr unwegsam und steil und zuletzt geht es eine grobe Felshalde hinauf. Nach 2 3/4 Stunden bin ich am Gipfel angelangt und ein bisschen stolz, da die Karte fünf Stunden ausruft. Dort oben tanke ich dann erst mal auf und genieße eine ganze Stunde lang den Blick auf die drei hervorstechenden, grauen Granittürme, die sich scharf gegen den, mal wieder, blauen Himmel abzeichnen.
Um viertel nach drei bin ich dann wieder bei Stephan am Zelt, der mich mit den erfreut intonierten Worten “Ist meine Ruhe jetzt vorbei?” zwischen zwei Mundvoll Schokoladenkeksen begrüßt. Bereitwillig macht er sich dann jedoch daran mir eine Chinasuppe und einen Kaffee aufzusetzen, auch wenn er betont, dass es ganz schön herausfordernd war, das ganze Trailfood im Schatten liegend, mp3-player-hörend zu vertilgen. Mir bleibt dann noch Zeit für eine heiße Dusche und eine Pause, bevor wir um halb acht den Transfer zurück zur Laguna Amarga nehmen.
Leider endet das Trekking in Puerto Natales dann mit etwas Streß, da in unserem Hostel trotz Reservierung alles belegt ist. Irgendwann haben wir dann jedoch ein Zimmer gefunden und fallen nach einem schnellen Abendbrot ins Bett.
Eine Wahnsinnslandschaft-so tolle Gletscherbilder, Abbruchkanten und bizarre Felsformationen. Nicht das nunmehr ein neuer Trekkingführer herausgebracht werden muss, dass man die Strecke auch in so kurzer Zeit laufen kann, da du offenbar „Die Preise“ verdirbst. Aber schön, dass ihr zwischendurch auch immer wieder die Muße findet euch ganz eurer Eindrücken hinzugeben und euch auch an den sogenannten Kleinigkeiten erfreuen könnt.
Hallo,
Kommentar zum Hanwag-Stiefel:
Das darf nach dieser Zeit nie passieren, d.h. du hast einen Stiefel mit Materialfehler. Habe ich bei Bekannten schon öfters erlebt, dass sich die Sohle vollständig ablöst, allerdings nicht nach ein paar Monaten. Wenn es mal angefangen hat, hört es nicht mehr auf! Das liegt am Weichmacher im Gummi. Vor der nächsten langen Tour würde ich mir auf jeden Fall neue Schuhe besorgen!
Grüße
Tja, wir haben auch erkannt das es sich um einen Garantiefall handelt.
Allerdings „bersorgt“ man sich nicht mal eben so „vor der nächsten großen Tour“ neue Schuhe.
Wir sind auf einer großen Tour… Und Hanwag gibt es zB in Chile oder Neuseeland nicht.
Wir hoffen jetzt auf eine Art „Kundenorientierte Außer der Reihe Lösung“ von Hanwag – mal sehen welche Servicementalität die Firma an den Tag legt.
HanWag ist an sich eine gute Firma, vlt. könnt ihr euch von denen irgendwohin neue Schuhe schicken lassen, wenn gerade die Marke passt. Wird halt alles dauern.