Galapagos- Teil 2
Silke | 16. Juli 2011 | 00:12TAG 6: Isla Espanola
Mit dem sechsten Tag änderte sich etwas Entscheidendes: nicht nur das Boot schwankte, sondern auch das Land. Irgendwie fühlten wir uns schon etwas verarscht, waren doch die Landausflüge bisher immer das Hideaway vom permanenten Geschaukel gewesen. Von nun an fühlten wir uns ganz ohne vorherigen Alkoholgenuss auch bei den kurzen Wanderungen auf den Inseln wie besoffen. Besonders interessant wurde es dort, wo es über Lavagestein und kleine Boulder ging. So blieben noch die Tauchgänge- hier war das Hirn zumindest noch integer.
Espanola bot eine bunte Mischung von allem und da sich ja die erste Aufregung mittlerweile gelegt hatte, konnten wir auch mit mehr Muse schauen. Ein Highlight erwartete uns hier jedoch noch: Espanola ist die Insel der Albatrosse. Wie schon eingangs erwähnt versammeln sich die riesigen Vögel hier, um sich fortzupflanzen. So waren im Inselinneren überall versprengte Nester zu sehen, auf welchen entweder die Elterntiere saßen oder manchmal auch nur ein Ei herumlag, wenn diese gerade auf See zum Fischen waren. Albatrosseltern entfernen sich erstaunlicherweise gleichzeitig und sogar für mehrere Tage von der Brut- was mir zwar nicht ganz einleuchtete, schließlich wäre sich abwechseln ja irgendwie sicherer, aber anscheinend klappt es ja- zumindest sind die Tiere ja nicht ausgestorben. Tatsächlich war es auch ganz niedlich, den liebevoll schnäbelnden Tieren zuzuschauen, nur eine Bruchlandung, für die die massiven Tiere bekannt sind, bekamen wir leider nicht zu Gesicht. Darüber hinaus sahen wir aber noch mehrfach den Galapagosbussard, der in der Nähe ansaß und vermutlich auf eine gehaltvolle Eiermahlzeit oder ein verlassenes Jungtier lauerte. Neben den Vögeln bewohnen noch unzählige Meeresleguane die Felsen von Espanola, nur dass sie hier als Variante rot-grün-grau gemustert waren. An einer Stelle der Klippen, an der sogenannten Punta Espinosa, gab es noch ein Wasserspektakel zu erleben. Durch einen kleinen Lavatunnel im unmittelbaren Shorebereich wurde bei jeder anlaufenden Welle die Brandung hindurchgedrückt und ergab so eine weit aufspritzende Wasserfontäne. Dort zu sitzen und das sich widerholende Aufbranden zu beobachten konnte man ein bischen wie am Lagerfeuer sitzen und in die Glut stieren empfinden.
Nachmittags gab es dann noch einen zweiten Landgang in der `Gardners Bay´. Hier waren vor allem wieder unzählige Seehunde zu beobachten. Anscheinend war hier die Stimmung gerade am Kochen und so konnte ich zwei Männchen beobachten, wie sie versuchten, ihre Besitzansprüche an den lokalen Strandharem dem jeweiligen Konkurrenten klarzumachen. Stephan war etwas übersättigt und so blieb er auf dem Boot und nutzte ein paar aufrechte Stunden, während das Boot mal nicht fuhr. Das Lustigste, was ich hier beobachten konnte, war eine Gruppe Mockingbirds, die sich ein Gefecht lieferte, was mich stark an eine Gruppe Penäler auf dem Pausenhof erinnerte. Ständig gingen wieder einige auf einen einzelnen Vogel los, dann wurde sich neu verbündet und es hagelte Dresche für einen Nächsten…
TAG 7: Floreana
Nachdem wir den Strand von Floreana betreten haben, eröffnet sich dem genauen Betrachter eine ganz besondere Sandzusammensetzung. Zwischen den Sandkörnchen, Seeigelstacheln und Korallenüberresten befinden sich kleine, grünliche Steinchen: Olivinkristalle. Diese sind vulkanischen Ursprungs und geben in ihrer Masse dem Strand vom weiten eine olivgrünbraune Färbung. Die etwas inlandig liegende Brackwasserlagune liegt ziemlich ausgetrocknet da, der Schlamm aufgerissen und mit den Fußabdrücken unzähliger Vögel gesiegelt, die jedoch scheinbar alle ausgeflogen waren. Auf dem Weg zur Lagune kommen wir noch an der sogenannten “Post Office Bay” vorbei. Einer Stelle, wo man seit vielen Jahren traditionell seine Heimatpost unfrankiert einwerfen und im Gegenzug Karten mitnehmen kann, die an die eigene nächste Reiseadresse bestimmt sind. So nehmen wir eine Postkarte mit, die an eine Mutter in Neuseeland adressiert ist und werden sie vor Ort einwerfen.
Auf Floreana findet sich außerdem ein gigantischer Lavatunnel, in welchen wir mit Stirnlampen herabsteigen. Dieser hat immer noch eine Verbindung zu offenen Meer, so dass wir ab einer bestimmten Stelle die Rucksäcke und Klamotten zurücklassen müssen. Der folgende Weg ist ein Willenstest, denn das Wasser ist eiskalt. Am Ende des Ganges stehen wir bis zum Hals im Wasser und müssen schwimmen, da der Untergrund zu unregelmäßig ist, um ohne Sicht darauf das Gleichgewicht halten zu können. Trotz der Kälte ist diese Einlage eine willkommene Erfrischung, bevor es wieder hinauf in den feucht-schwülen Dunst der Insel zurückgeht.
Für diesen Tag stehen außerdem noch zwei Tauchgänge auf dem Programm. Ich muss mich entscheiden, auf welchen ich mitgehe, denn ich habe nur noch ein verbleibendes Paar Kontaktlinsen übrig. Da meine Augen zu empfindlich sind, um die Linsen den ganzen Tag zu tragen, muss ich sie nach jedem Schorcheln wieder rausnehmen. Leider war im vorneherein nicht klar, dass so oft geschnorchelt wird. Ich hatte die Tageslinsen eigentlich nur als Notfall-Back-up dabei, falls die Brillen kaputt oder weg sind. So ärgere ich mich ziemlich, als für heute noch zwei Highlights angekündigt werden und ich an vorhergehenden Tagen an unspektakulären Spots Linsen verschwendet habe (wo jedoch Haie und Schildkröten angekündigt wurden, diese jedoch verschwunden blieben). So schnorchelte ich morgens mit, da der Guide meinte, das sei lohnenswerter. Das, was wir zu sehen bekamen, entschädigte auch durchaus für die lauen Dives an den vorhergehenden Tagen. Kleinere Weißspitzenhaie, einige elegant schwebende Rochen, Seelöwen und eine Vielzahl von Fischen trieb unter uns entlang. Dies tröstete jedoch nicht darüber hinweg, dass der Nachmittagsdive durch eine ganze Kolonie Seegras äsender riesiger Meeresschildkröten führte, die ich somit verpasst hatte. Und dass, wo die Schildkröten neben den Vögeln mein Hauptmotiv für Galapagos waren. Stephan traute, als er aus dem Wasser kam, kaum, mir von dem Spektakel zu erzählen. Als ich hörte, was mir entgangen war, war ich schon ehrlich enttäuscht.
TAG 8: Santa Cruz, Darwin Station und Tortuga Bay
Der letzte Tag führte uns zurück in den Hafen von Puerto Ayora auf Santa Cruz, der Hauptinsel von Galapagos. Hier besuchten wir das Charles Darwin Research Centen, eine biologische Forschungs- und Aufzuchtstation, welche sich um die Erhaltung der Riesenschildkröten kümmert. Leider war das für uns die einzige Gelegenheit noch einmal die gepanzerten Riesen sehen zu können. Weil der Wohlfühlfaktor wegen des Geschaukels und des permanenten leichten Unwohlseins doch ziemlich gelitten hatte, beschlossen wir, auf unsere zwei zusätzlichen zwei Tage Individualzeit auf Isabela zu verzichten. In der Darwinstation konnte man dann jedoch nochmal ziemlich gut mit den Riesenreptilien auf Tuchfühlung gehen. Einige der Exemplare sind bereits über 200 Jahre alt und leben in `Junggesellengehegen´ mit ausschliesslich männlichen Exemplaren zusammen. Bei den Fotos mit den Stapelschildkröten handelt es sich ebenfalls um zwei alte Recken, die im Zeitlupentempo Trockenübungen für etwas tun, was sie untereinander sowieso nicht erfolgreich beschließen können. Zum Teil fehlen jedoch die Weibchen. Wie bei `Lonesome George´, einer 70 Jahre alten Sattelschildkröte, die die letzte ihrer Art von der Insel Pinza ist. Durch Vermehrungsexperimente, die platt gesagt auf Inzucht herauslaufen (er darf mit seiner Tochter und später mit seiner Enkelin…) versuchen die Wissenschaftler wieder einen möglichst reinen Genpool zur Arterhaltung zu schaffen. Dies könnte jedoch als Langzeitprojekt bezeichnet werden, da Riesenschildkröten erste sehr spät (ich glaub, es waren 70 Jahre) geschlechtsreif werden.
Im Anschluß an die Darwinstation trennten wir uns von der restlichen Reisegruppe, die zurück auf die Yacht übergesetzt wurde, während wir am Hafen unsere Rucksäcke in Empfang nahmen. Dann verbrachten wir noch ein gemütliches Stündchen im zugigen Wartesaal der Fluggesellschaft, bis wir, zum Glück problemlos, unsere Tickets umbuchen konnten. Danach suchten wir uns noch schnell ein Hostel für die eine Überbrückungsnacht und beschlossen, noch eine Wanderung zur sogenannten Tortuga-Bay zu machen, um den verbleibenden Nachmittag noch auszunutzen. Auf einem gepflasterten Weg geht man nach passieren der Nationalparkeintrittskontrolle ca. drei km bis zum Strand. Der war Wellenreiters-Paradies Ein schneeweißer, extrem flacher Strand mit ordentlich Brandung. Stephan haben fast die Augen getränt. Wir mussten uns ob des Zeitmangels jedoch mit einer Strandwanderung begnügen. In der Flachwasserzone schwammen erstaunlicherweise Minihaie, wahrscheinlich Jungtiere, herum, die nach kleinen Fischen jagten. Und an der Spülsaumgrenze fanden sich Mangroven mit beachtlichen Luftwurzeln, die Stephan gleich mal zum Klettergerüst umfunktionierte. Wir machten noch einen Loop um die Landzunge herum, wo wir nochmal in aller Ruhe Darwinfinken, Meeresleguane und die Riesenkakteen betrachten konnten und danach war mit dem Weg zum Hostal auch schon fast der Abschied von Galapagos angesagt. Wir nutzten noch die Gelegenheit, um abends in der lokalen Futtermeile Fisch essen zu gehen und kauften uns am Flughafen unser einziges Galapagos-Souvenir: einen Rucksackaufnäher. Und dann ging es wieder Richtung Festland, die Flughafenkontrollen, 2l-Wasser im Gepäck kein Problem, Nein, natürlich exportiere ich kein Kulturgut auf dem Migration-Form angekreuzt, und schon waren wir wieder zurück. Es sollte noch gut 1,5 Tage dauern, bis das Festland wieder aufhörte zu schwanken….
Hallo ihr Schnecken!
Danke für den tollen Bericht und die Fotos! So nah würde ich den Seelöwen und vor allem den Schildkröten gerne auch mal kommen…
Am Besten hat mir Stephan als Schildkröterich gefallen 🙂
Liebe Grüße,
Andrea
Fast 50 Tage seid ihr nun unterwegs und lasst uns mit euren Darstellungen, Berichten und Fotos unmittelbar teilhaben. Vielen, vielen Dank dafür, da wir auch nachvollziehen können, dass die Schreiberei, das Durchforsten der Fotos, gerade dann wenn man „kaputt“ ist, auch zusätzliche Belastung sein kann. Der lange Galapagosbericht mit Teil 1 und 2 war wunderbar, weil auch viel an Hintergrundinformationen von euch mit auf den Weg gegeben wurden. Stephan macht sich übrigens hervorragend als „Lonesome George“ oder als eierlegender Albatros. Ich musste so an Bernhard und Bianca denken. Als ich einem Nachbarn von eurem Gefühl des schwankenden Bodens, als ihr da s Schiff verlassen hattet berichtete, sagte er mir, dass er ähnliche Erfahrungen gemacht habe, wenn er lange auf dem Surfbrett gestanden hat.Ich glaube ihr habt alleine mit dem Galapagostrip schon soviel erlebt, das ihr doch schon übervoll an Eindrücken sein müßt. Die ornithologischen Gegenbenheiten müssen ja gerade für dich Silke etwas ganz Besonderes gewesen sein.
Toll- danke schön euch beiden.
Jürgen